Kapitän Röser in geheimer Mission:
In den Fängen des Wassermannes









„In der Regel ist immer der Unverdächtigste der Täter. Manchmal sogar der Kommissar selbst. Zum Glück ist uns dies erspart geblieben, denn mit Kapitän Röser kann es keiner aufnehmen. Glücklicherweise gehört er zu der einen Seite des Gesetzes, auf der sich alle an es halten. Wie sie das gemacht haben, Herr Kapitän Röser! Ich gebe ihnen einen Orden.“








Es singen und spielen:

Arnold Schwarzenegger ist Kapitän Jürgen Röser, ein Wissenschaftler, Kriminalist, Abenteuerer.
Madonna ist Monique von Weithershausen, eine Geheimagentin.
Karl Malden ist Simon Nomis, der Mann ohne Eigenschaften; ein Wissenschaftler und Faktotum.
Roberto Bennini ist P30/Serie:6AA/22/9i, kurz 22/9; ein Roboter, der stärkste Mann der Welt.
Uwe Ochsenknecht ist Olf, ein lustiger Andropoid.
Hans Clarin ist Hennrich, ein hellseherisches Mondtier, 22/9s Schoßhund.
Normann Seibold ist Klaus Seibold, der Bundeskanzler der Welt.
Erich Honecker ist Erich Gosslar, ein Geheimagent.
Ernest Borgnine ist Heribert Anders, der Chef der Geheimpolizei.
Manfred Krug ist Lukas „Looky“ Vistungen, der Governeur des Saturn.
Harrison Ford ist Jones Röser, Jürgens Vater.
Angela Merkel ist Hannelore Röser, Jürgens Mutter.
Martin Semmelrogge ist Benvenuto Schellini, die Rechte Hand des Wassermannes.
Willi Millowitsch ist Bimbo Zabaione, ein Zirkusdirektor.
Gerd Fröbe ist Kaf. Stapp jr., ein Ahnenforscher.
Klaus Kinski ist Professor Doktor Agony Müller, ein Humanmediziner und Forscher.
Klaus Bednarz ist Privatdozent Wayne Häberle, ein Ethnologe.
Wolfgang Niedecken ist Sandokan Hitler, ein Literat.
Helge Schneider ist Abu ben Cartwright Ibn Olt, der Häuptling der Fliegenden Holländers.
Paul Kuhn ist Paul Kuhn, ein Ölmagnat.
Alfred Hitchcock ist Herr Weber, ein Drogenabhängiger.
Harry Belafonte ist Nick, ein alter Saturner.



Unser besonderer Dank gilt den Kommunen und der Einwohnerschaft von Pforzheim, Hanau und Rüsselsheim
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Kapitel 1

Die Wände des Raumes bestanden aus grauem Spezialeisen, und die Luftschleusentür verwehrte der Außenluft, die giftige Substanzen in ihrer Mitte barg, den Eintritt.
Durch die Fenster, die von einer Putzfrau aufgeklappt waren, damit ein wenig frische Luft in den Raum gelangen konnte, fiel der Blick auf einen dunkel aufragenden, eigenartig geformten Wald, hinter dem gerade die Sonne unterging. Die Bäume sahen eher aus wie Pilze denn wie richtige Buchen oder Tannen.
Atompilze, dachte Kapitän Röser, der Hauptheld der Abenteuer, die nun mit Riesenschritten ihren Anfang nahmen, gegen deren Ende, als er in eben diesem Raum stand, von dessen Brisanz zum gegenwärtigen Zeitpunkt selbst er nichts ahnen konnte.
Denn es bestand Gefahr.
Quer durch den nächtlichen Horizont zog die üppig glitzernde Sichel des Saturnringes seine Bahn.
Die Nummer, die über dem Wohnungseingang prangerte, regte zum Denken an. Null-Eins stand in Zahlen hingeschrieben. Gefährlichkeit und Bedeutung gingen von ihnen aus, wie Küken, die eben einem bestimmten Zweck entschlüpft waren.
Wenn ein Lebewesen zufällig vorbeigekommen wäre, hätte er, sie oder es nicht im Traum daran gedacht, dass in diesem Raum die Schnüre eines Drogenkartells zusammengeknotet worden waren, in dessen Maschenschaften alle Welten des Sonnensystems gefangen genommen worden waren und ohne es zu wissen ängstlich zappelten.
Einer der beiden Männer, oder besser Personen, die sich in dem Raum aufhielten, hustete aus Versehen und erregte damit Aufmerksamkeit.
Er schien in einen zu kleinen Kleiderschrank gesperrt worden zu sein, der die Extremitäten des Trägers aussparte, und saß an einem Plastiktischchen.
Auf dem Möbel reicherte ein Strauß Schnittblumen, der in eine Vase gelehnt war, die Luft mit wertvollen Essenzen an. Die Blumen verströmten die schwere Süße von Blüte und Verwesung. Auf einer Schale lagen Früchte, deren Namen nicht einmal er selbst kannte. Sie hießen Mandarinen und Orangen und dufteten stark nach Nikolaus.
Der allem Anschein nach nette ältere Herr verschwand fast in dem blendendweißen, anzugartigen Kasten, der vorne ein kleines Schildchen aufwies.
Ein kleines Tässchen Tee hätte das leicht angeraute Bild zur Vollendung abgerundet.
Er zog ein elektronisches Taschentuch hervor und schneuzte sich.
Seine Stimme kam rauh aus dem Gehäuse auf seinen Butler zu.
„Sind die Abteilungsleiter vor Ort?“, frug er.
„Ja, die Schiffe sind an Land gegangen“, antwortete der andere effezent und spähte durch die Fensterritzen, wobei er auf seine Digitaluhr blinzelte.
„Sie haben nur eine Viertelstunde Verspätung“, erfreute er sich.
Er tippte eine Codenummer auf das für diesen Zweck entsprechend bereitgehaltene Display und überprüfte die notwendigen Koordinationen.
Der Butler und zweite Bandenchef war ein Merkurier, und sah nur entfernt wie ein richtiger Mensch aus, denn er war es nicht.
Aus der Nähe bot sich ein völlig anderes Antlitz zur Beobachtung dar.
Wo er herkam, war es warm, ja sogar heiß, und deshalb war er von der dort herrschenden Sonnenbestrahlung verdunkelt. Sein Haar hatte sich vor Hitze gekräuselt und hing ihm schwarz von den Schläfen. Seine Lippen waren entsprechend aufgeworfen und seine zu Schlitzen verengten Augen schielten wie Fernrohre aus ihren Behausungen.
Die Tür ging lautlos und wie durch unsichtbare Hände aufgemacht, alleine durch elektrische Technik bedient auf.
Alle stromführenden Sachen im Raum waren neuwertig und in tatenlosem Zustand.
Der Mann in dem weißen Kasten gab keine Antwort, er sprach aus der gewissen Wortkargheit, aus der Autorität sprach, nur das Nötigste.
Zwölf Astronauten kamen durch die Eingangstür hereingestapft.
Kaum war die Tür geschlossen, entledigten sie sich schnurstracks ihrer quaderförmigen Anzüge, die auf der Vorderseite mit einem Henkel ausgestattet waren. Sie öffneten sie, und so konnten sie leicht aus ihnen hinausschlüpfen.
Die Uniformen dienten unter anderem dazu, dass ihr Träger unter ihrem Schutz von bazillenverseuchtem Gebieten nicht getötet werden konnte. Darin bestand ein Großteil ihres ganzen Geheimnisses.
Männer aus aller Herren Länder kamen zu Vorschein: Gelbhäutige Venusbewohner, vollbusige Marsianer, ein Plutone mit einem Turban bewaffnet und ein Saturnier, der jeder Beschreibung trotzte.
Ebendieser trat lässig zu dem Tischchen und leerte den Inhalt eines kleinen Täschchens auf die Platte: Platinmützen, Edelsteine und Bankknoten, die mit hohen Summen versehen waren.
„Vierhundert Dosen des Mineralwassers haben wir diesmal auf der Venus losschlagen können“, tat er kund. „Hier ist die Einnahme. Das nächste Mal werden wir auf sechshundert beschleunigen können.“
„Nachzählen!”, befahl der erste Chef mit unbefleckter Miene dem Kassenwart.
Auch die anderen Raumfahrer hatten etwas verkauft, und so konnte der Boss ein hübsches Sümmchen einstreichen, ohne sein Licht unter den Scheffel stellen zu müssen.
Dann holte der Merkurier, der auf den interessanten Namen Benvenuto Schellini hörte, aus einem Nebenraum geformte, quadratische Metallgestelle, in denen kleine Dosen aufgereiht waren: sie führten die berühmte Droge, die aus purem Zynismus mit dem unauffälligen Begriff Mineralwasser bezeichnet war. Es leuchtete munter vor sich hin und war ein Lebenselixier: wer davon trank oder es sich leisten konnte darin zu baden, wurde wieder jung, egal wie alt er vorher gewesen war.
Aber Achtung: man durfte es nicht überdosieren. Wer zuviel davon einnahm, lief Gefahr, zu jung zu werden und z.B. als Baby in seinem eigenen Wohnzimmer zu verhungern, da er seine Lebensgrundlage mit Salzstangen oder Bier nicht länger bestreiten konnte.
Deshalb war es so teuer, dass jeder nur soviel kaufen konnte, wie er gerade brauchte, denn der Bademeister wollte seinen Kundenstamm nicht vergraulen.
Es hatte auch noch andere Nebenwirkungen, von denen im weiteren Verlauf leider noch zu berichten sein wird.
Die Bösen lachten aber darüber.
Die Abteilungsleiter warfen sich ihre Anzüge wieder um die Lenden und verstauten die kostbare Fracht steuerfrei in den doppelten Böden und Sofakissen ihrer Raumboote.
Es kam zu einem Wortwechsel, in dessen Verlauf der Herr von der Venus fragte, wo der Chef denn das leckere Getränk eigentlich herhabe, worauf dieser auf eine Art antwortete, die einiges über seinen Charakter aussagte. Es sei sein Geheimnis und wer etwas wolle, der werde schon noch was erleben um anschließend ein Einsehen zu haben, das seinen (des Bademeisters) Vorstellungen voll und ganz, denen gewisser anderer Subjekte (i.e. der Venusperson) weitaus weniger entspräche, war der Tenor der Aussage.
Dann gingen die anderen wieder ihrem Geschäft nach und flogen weg.
„Und ich bin der Boss dieses Unternehmens, das bald der Meister der Welt sein wird!”, sagte der Chef landläufig zu sich, als ihm dieser Gedanke kam. „Dann werde ich die Weltherrschaft übernehmen!”
Dabei lächelte er in hämischer Vorfreude.

Auf einem kleinen Jupitermond, der nur wenige hundert Kilometer als Durchmesser hatte, so dass von zwei parallel aufragenden Hauswänden immer mindestens eine in der berechtigten Gefahr schwebte, nach innen zu fallen und eventuelle Bewohner zu erschlagen, war gerade der Jupiterschatten geworfen. Der Planet bog sich fast über den ganzen Himmel und überzog die kleine Erde mit Milchglasbeleuchtung.
Die zierlichen roten Flecken der Sterne stammten von Feuermeeren irgendwo draußen im unendlichen Universum.
Inmitten einer kleinen Waldlandschaft aus meterhohen Halmen erhob sich ein reichhaltiges Gebäude aus weißem Plastikkunststoff, das von Lustgärten, Schwimmbassins, einem Abenteuerspielplatz und einer Blaskapelle umgeben war, in der sich der Herr des Hauses gerne verlustierte.
Es war das Heim Paul Kuhns, des reichen Erdölmagnaten, dem die ganze Insel gehörte.
Kuhn spazierte erwartungsvoll in seinem Büro, einem kleinen, PVC-getäfelten Raum im vierzehnten Stockwerk auf und ab. Der Jupiteraner hatte einen abrissbirnenförmigen Kopf, was aber in jener Gegend nachgerade zum guten Ton gehörte, und erschrak kurz zusammen, als habe er den allgegenwärtigen Erzähler bemerkt. Auch war er nicht mehr der Jüngste. Ganz im Gegenteil. Er zog einen Umhang an, damit niemand seine gebeugte Gestalt so gut erkennen konnte.
Plötzlich spähte trotzdem jemand zum Fenster herein. Es war ein Abgeordneter des Syndikats, der sich hinterhältig nach dem werten Befinden erkundigte.
„Sind Sie allein?“, fragte der Uraner glimmernd.
„Ich bin allein, wie Sie es verlangten“, sagte Paul Kuhn emsig.
Er schwenkte sich durchs Fenster.
„Gut“, meinte er, „denn die Polizei sind in letzter Zeit hinter uns her, wie der Teufel für das Weihwasser. Aber sie können uns nicht fangen, solange sie nicht auf die Idee kommen, Kapitän Röser um Hilfe zu bitten. Er ist zur Zeit mit wissenschaftlichen Forschungen beschäftigt. Sonst wird es allerdings ungemütlich für uns, denn nur er kennt die guten Tricks, wie man Räuber fängt.“ Er hielt inne, wie zuviel geplaudert zu haben und zog eine Dosis aus dem Geviert.
„Das Wasser des Lebens!”, rief Paul Kuhn.
Seine eben noch traurigen Augen erwachten mit letzter Kraft zu neuem Leben und streckten ihre zitternde Hand nach dem Getränk aus, obwohl es zwanzig Grad war.
„Erst bezahlen“, waren die erbarmungslosen Worte des Uraners, und er strahlte dabei hellblau vor Stolz. „Zweihunderttausend Mark.“
Kuhn stöhnte auf. „Ein Wucherpreis!”, waren die Worte, die nun seinerseits in der Luft hingen.
Aber er bezahlte unbedenklich, denn er verfügte über das nötige Kleingeld, und er wollte wieder einmal jung sein.
In seiner echten Jugend hatte er die Zeit mit Arbeit und Ein-Imperium-Errichten verbracht. Nun sehnte er sich nach einer zweiten Jugend.
Sein Hauptcharakterzug war schon aus beruflichen Ursachen skrupellos und wollte bei den Frauen eine Chance erringen.
Er überreichte dem Unterhändler also ein Päckchen mit Banknoten und erhielt die Dose, die er auf der Stelle auftrank.
Da geschah etwas, was jedem eiskalt den Rücken hinunterlaufen wird, denn es ist unglaublich: Paul kümmerte sich unter seiner Last und schüttelte sich durcheinander.
Er torkelte, hustete ebenfalls und hielt sich schwindelnd an einem Hocker fest. Sein Kopf drehte sich.
Plötzlich umgab ihn Rauch, und als er wieder aus ihm hervortauchte, hatte er die Gestalt eines jungen Heißspornes angenommen.
Es war kein Trick, sondern das Mineralwasser hatte es bewirkt.
Er hüpfte lässig vor den Spiegel und sagte: „Jetzt brauche ich nicht mehr schüchtern zu sein!”
Der Uraner lächelte ihm vielsagend hinterher, als er sich in die perlschwarze Nacht davonzog.

Die Menschheitsgeschichte verlegte nun ihren Schauplatz noch einmal auf ein anderes Territorium, um das dunkle Geheimnis, das das geheimnisvolle Mineralwasser umwitterte, zu beleuchten und um außerdem der Handlung noch mehr Personen vorzustellen.
Denn eine metaphysiche Problematik der Drogenkriminalität griff auch nach der Erde, nach dem Hochhaus in Pforzheim, das der Regierung des Sonnensystems Sitz bot.
Bundeskanzler Klaus Seibold, der Bundeskanzler dieser besten aller Welten, hob seine grauen Haare, als zwei uns unbekannte Männer sein Büro betraten.
Er war mit allen Möglichkeiten ausgestattet, die eine einzelne Person nur ausfüllen konnte. Jurisprudenz vermischte sich mit Exekutive und Legislativkraft und bildete so ein Amalgam aus Machtbefugnis.
Der eine von den beiden war schon etwas älter als der andere und trug eine grüne Ausgehuniform. Es war der unbestechliche Heribert Anders, Chef der Planetenpolizei, der als Bösewicht nicht in Frage kam.
Der andere sah jünger aus, war Bankbeamter und ein Verbrecher wider Willen: Er hatte Geld gestohlen, um aus Abhängigkeit Mineralwasser erstehen zu können.
„Mineralwasser?“, waren des Bundeskanzlers mitleidige Worte im Bezug auf den geständigen Gauner, den er sofort als kleinen Fisch erlarvt hatte. „Warum haben Sie das getan?“
Es kam eine lange und breite Erklärung des sauberen Herr Weber zutage, in der die Beziehung zu seiner Mutter, seiner von Schüchternheit geprägte Kindheit und andere Themen angesprochen wurden.
Tatsache war, ich zitiere: „Ich war verrückt, Herr Richter, aber ich konnte nicht anders. Ich wurde älter, und es gab da ein Mädchen, mit dem ich, sie wissen schon, küssen wollte. Da hörte ich plötzlich von dem wunderbaren Lebenselixier, das die Kindheit zurückzugeben vermöge. Ich stahl kurzerhand die nötigen Finanzmittel aus meinem Ressort, zu dem mir ein Nachschlüssel anvertraut war und wurde wieder jung. Ich gab mich in der Nachbarschaft als mein Sohn aus, der aus langer Wanderschaft zurückgekehrt sei. Ich verbreitete, mein Vater sei mit dem Geld nach Mexiko abgehauen.“
Er lachte bei dem Gedanken, wie er seinen unsympathischen Nachbarn mit dieser Fehlmeldung ausgetrickst hatte. Er musste ihm nun den geliehenen Spaten, mit dem er sich kürzlich einen Gartenteich inclusive Springbrunnen ausgehoben hatte, nicht mehr zurückgeben.
Aber dann lachte er nicht mehr.
Er wirkte nun um Jahre älter. „Vor ein paar Tagen kam der Böse, der mich abhängig gemacht hat, wieder und verkündigte mir, dass ich, wenn ich nicht tot umfallen wollte, neues Lebensmittel kaufen müsste.“
Er weinte jetzt unbedacht, doch der Kanzler klopfte ihm auf die Schultern. „Kopf hoch, es wird schon wieder“, sagte er beherzt, indem er Hoffnung und Vertrauen ausstrahlte.
Es stellte sich heraus, dass alle Werbung zur Aufklärung gegen diese schreckliche Lustseuche nichts genutzt hatten. Das schöne Geld war in Kanäle geflossen, und die Leute glaubten einfach nicht, dass man das Mineralwasser immer und immer wieder einnehmen musste, wenn man nicht tot sein wollte. Denn man alterte nach Ablauf des Verfallsdatums unversehens innerhalb von Sekunden und fiel dann getötet hin, wenn man nicht schnell neues Elixier kaufte.
Ein Mann, der eben noch quicklebendig gewesen war, konnte aber, wenn dieser Satz zuendegelesen war, schon fast tot sein.
All das hatte die Werbekampagne aufgeklärt, aber die Leute waren verrückt nach ewiger Jugend, wie zu allen Zeiten des Universums, und glaubten es lieber nicht. Es passte einfach nicht in ihr Weltbild.
Nun waren sie den stählernen Fängen der Geheimorganisation willenlos ausgeliefert.
Herr Seibold ballte die Faust und schlug sie auf das automatische Tischchen, das vor ihm zum Stehen gekommen war.
„Kann denn die Polizei Recht und Ordnung nicht wieder herstellen, und dieses skrupellose Verbrechersyndikat ins Zuchthaus werfen lassen?“ brachte er aufgebracht herauf.
Der Hauptwachtmeister schüttelte hilflos mit den Schultern.
„Wir haben alles getan, Razzien abgehalten und einen Untersuchungsstab gegründet. Die größte Menge an Gaunern ist uns durch die Lappen gerutscht. Die wenigen, die wir eingefangen haben, verhüllen sich in Schweigen. Da wir eine Demokratie sind, dürfen wir sie nicht mit unseren Methoden zum Sprechen bringen.“
„Wir wollten doch unsere besten Geheimdetektive auf den Fall ansetzen, Heribert?“, wand der Bundeskanzler ein.
„Das haben wir auch, Klaus”, kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen, denn sie waren alte Kumpanen und per Du, wenn sonst niemand oder fast niemand dabei war. „Zwei von denen, die übriggeblieben sind, sitzen im Vorzimmer und berichten, was sie erreicht haben.“
Da öffnet sich wie von Zauberhand die Tür, die über eine elektrische Automatik verfügte, die wusste, wann sie aufzugehen hatte und in welche Richtung.
Für die Menschen in der Zukunft war diese Vorrichtung freilich so alltäglich, dass sie sich nicht wunderten sondern, wenn die Batterie oder Technik einmal aussetzte, oder in die falsche Richtung aufging, sich mit voller Wucht schmerzensreich gegen die Tür liefen.
Dieser Unglücksfall geschah freilich höchst selten und im Kanzlerpalast praktisch nie, denn er hatte Hochsicherheitstechnik.

Ein weißhaariger, wettergegerbter Mann und eine schwarzhaarige junge Frau traten ein.
Es handelte sich um Erich Gosslar, den weltberühmten Geheimagenten und um Monique von Weithershausen, die gutaussehendste und beste Detektivin weit und breit.
Sie war so gutaussehend, dass einem das Herz in die Hose rutschte, wenn sie einen anschaute, oder sogar ansprach.
Nicht wenige verzehrten sich in unendlicher und ebenso unerwiderter Liebe für sie, und kamen so auf die gleiche Verbrecherlaufbahn wie Herr Weber, der ja auch noch im Raum war.
Ihre unglaubliche Schönheit war nicht durch ein Schminken hergestellt, sondern aus Natürlichkeit und innerer Zufriedenheit, die durch eine einzige Sache getrübt wurde: Liebe.
Heute war sie in ein Kleid eingefasst, dass in winzigen Wellenbewegungen ihren perfekten Körper umwob und der Vorstellungskraft aller Umliegenden freien Lauf ließ.
„Erich und Monique. Euer Bericht“, lautete der kurze aber nicht unhöfliche Befehl ihres Vorausgesetzten.
Dennoch sank die Stimmung auf ein Minimum.
Gosslars gletscherblaue Augen blickten gedemütigt und ließen ein Anschmelzen seiner innerlichen Polkappen erahnen.
„Wir haben nichts vorzuweisen, obwohl wir gerissen sind. Einmal verhafteten wir einen Verbrecher, der aber leider dann mit der Sache nichts zu tun hatte. Wir konnten auch nicht das kleinste Zugeständnis aus ihm heraufprügeln. Auch alle Raumschiffe werden gefilzt und alle Personen auf den Planeten. Wir sind gleich fertig. Der Erfolg ist gleich Null. Wir wissen irgendwoher, dass alle Lieferungen von einem bestimmten Planeten kommen. Aber wir wissen weder seinen Namen noch seine genaue Lage. Erschwerend kommt hinzu, dass sie immerzu im Kreis herumfliegen.“
Auch Monique war verzweifelt dabei, ihre Fassungsvermögen nicht zu verlieren, für die sie berühmt war: „Ich war persönlich auf Mars, Venus und Merkur, ohne jedoch auch nur einen einzigen Bösen zu fangen zu können. Als ich noch auf Saturn vorbeischauen wollte, musste ich aus persönlichen Motiven nach Hause.“
„Meiner Meinung nach befindet sich das ganze Geschäft in der Hand einer kriminellen Vereinigung.“ So lautete das derzeitige Resumee.
Sie hatten durch Routinearbeit herausgefunden, dass sich der Handel immer weitere Kreise zog und tausende alte Leute auf allen Planeten jeden Preis bezahlten, um wiederzuerjungen. Die Beschaffungskriminalität machte noch nicht einmal vor Tabuthemen wie einer Kirchenorgel halt, die kürzlich in diesem Zusammenhang aus einem Gotteshaus gestohlen worden war.
Der Vorschlag, die pensionierten Mitbürger, von denen es durch hohes Lebensalter ohnehin zuviele gab, ihrem Schicksal zu überlassen, und so das Problem der Rente und des Drogenkartells auf einmal zu lösen, wurde diskutiert aber aus humanitären Gründen in die Akten gelegt.

Plötzlich geschah etwas, womit in diesem Augenblick niemand mehr gerechnet hätte:
Ein Schrei durchdrang die Anwesenden.
„Aahrgh, glgl, arrr, !!!”, ein markerschüttendes Rufen, das alle erschreckte: Herr Weber, der gemeine Dieb ging seiner schrecklichen aber auch in gewisser Weise gerechten Strafe entgegen und ein Finale nahm seinen Anfang.
Alle schauten ihn an, er war plötzlich im Mittelpunkt der Begebenheit.
„Was hat er gesagt?“ war die Frage, die der Kanzler seinem Freund Heribert aufdrängte.
„Nichts, was ich wiederholen könnte“, sagte dieser zur Antwort.
Mit rasender Geschwindigkeit begann der Drogensüchtige zu altern, hier ein Fältchen, da ein graues Härchen, dort eine Beugung.
Dann ging etwas vor, das nur mit einem Zeitraffer nachgestellt werden konnte, vor den man eine Person vom fünfundzwanzigsten bis zum sechsundneunzigsten Geburtstag gefesselt hatte und jeden zweiten Tag ein Foto machte. So entstanden 12965 Bilder, die mit 50 Bildern pro Sekunde abgespielt wurden. Nach 259,3 Sekunden war alles vorbei.
Nach 52 Sekunden, im virtuellen Alter von leicht über 39 Jahren, hatte er noch gesagt: „Die Wirkung des Mineralwassers - sie lässt nach!”
Dann hörten die Zuschauer „Ich sterbe. Was ist das auf einmal so hell? ... Die Stimmen ... Mehr Li.“
Er versank in sich, wie eine sterbliche Hülse. Nur die Augen bewegten sich noch im verwitterten Antlitz, das er hatte.
„Wir müssen sofort einen Arzt anrufen“, sagte Seibold und tänzelte zum Teletransmitter, einem modernen Technikgerät und der ganze Stolz der Abteilung, mit dem man durch ein elektronisches Verfahren mit Menschen oder Personen sprechen konnte, die so weit weg waren, dass man normalerweise sehr laut schreien müsste, um mit ihnen zu reden.
Heribert Anders schüttelte bedenklich mit dem Kopf.
„Zwecklos. Für einen Drogensüchtigen dieses Kalibers”, sagte er, „kommt jede Hilfe zuspät. Vielleicht wird in einer anderen besseren Welt dereinst ein guter Wissenschaftler ein Gegengift dafür herausfinden.“
Währenddessen verschied Herr Weber vollends.
Der Hauptwachtmeister nahm einen roten Teppich und legte ihn pietätvoll über den Toten. Alle hielten mit ihren Beschäftigungen inne und dachten für einem Moment nach.
Das also war das Schicksal eines Mannes (oder auch Frau), der einmal von dem radioaktiven Mineralwasser geschnuppert hatte und nichts mehr davon bekommen hatte. Bis zum jetzigen Zeitpunkt hatten nur wenige das bedauerliche Los Herrn Webers geteilt; Aber all die Abertausende, die das giftige Wasser einnahmen, würden dém Führer des Syndikats willenlos ausgesetzt sein oder auf die gleiche grimmige Art ableben.
Diese Sätze dachten der Polizist und die schöne Agentin.
Klaussens Seibolds Finger zitterten, als er seinerseits einige Schlussfolgerungen zog.
Die Menschen waren von dem Boss der Bösen völlig abhängig und mussten alles für ihn tun, wenn er wollte. Es war der unbeschrankte General einer Sklavenarmee, die ihre Fangarme über seinen Horizont erstreckte. Mit Leichtigkeit konnte er sich zum neuen Kanzler aufschwingen lassen und dann weniger gerechte und sinnvolle Gesetze erfinden wie er, Kanzler Seibold.
Es war aussichtslos.
Es war sogar völlig aussichtslos, denn wenn Heribert und all die braven Polizistinnen und Polizisten, die schlauen Agentinnen und Agenten seiner Majestät (zum Beispiel Herr Gosslar und Frau von Weithershausen) der Umstände nicht Herr würden, dann wäre es eine Krise für das Ansehen der Regierung. Denn sie wäre erpressbar geworden und dies war unter allen ausdenkbaren Umständen zu meiden.
Es gab keine Errettung und die Vorkommnisse näherten sich einem bedrohlichen Ende: Die Weltherrschaft in den Händen eines Verbrechersyndikats, das im Grunde aus nur einer einzigen Person bestand: Der skrupellose Mineralwassermann.
Hauptwachtmeister Anders bemerkte trotz Seiboldens eiserner Selbstdisziplin in seinen Gesichtszügen, dass er alles Hoffen und Bangen fahren ließ, als er diesen Punkt überquerte.
- Doch halt! In letzter Sekunde drehten sich die Überlegungen seinem Lieblingsthema zu, der bis zu dieser Minute immer die Kartoffeln aus dem Feuer der Menschheit geholt hatte, mit Rat und Tat nicht geizte und die Welt nicht nur einmal vor dem InDenAbgrundFallen gerettet hatte.
Die Verantwortung, die auf seinen Schultern ruhte, erwachte zu neuem Leben.
Der Bundeskanzler erhob sich gewichtig aus seinem Sessel, in dem er sich vor Stress gesetzt hatte.
„Wir müssen den Bösen das Handwerk legen, bevor noch mehr Menschen damit verseucht werden”,, erklärte er und entbot sich aus seiner Position.
Der Lotse nahm seinen Hut um das Zimmer zu verlassen.
„Wir werden Kapitän Röser zu Hilfe rufen.“


Hier endet schonmal das spannende erste Kapitel mit Kapitän Röser.
Bestimmt sind Sie schon ganz aufgeregt und fragen sich: Wie kann Kapitän Röser die Welt trotzdem noch retten, obwohl die Verbrecher doch so raffiniert sind? Wird vielleicht jemand dabei umkommen?
Gewissheit über diese nagenden Fragen erhalten Sie in den kommenden Kapiteln, wenn es wieder heißt: Kapitän Röser ist in geheimer Mission!






Kapitel 2

Durch die Dämmerung des ewigen Weltalls glitt ein Monsterkomet, der gefährlichste und undurchdringlichste Raumkörper des ganzen Sonnensystems.
Er war mit einer Eigenschaft ausgestattet, Harmlosigkeit und eine durchdringbare Hülle vorzugaukeln, die sich als tödliche Falle herausstellte, wenn es eine Crew eines Raumschiffes versuchte.
Sein Schwanz, den er hinter sich bildete, stellte einen erhebenden Anblick dar, der seinesgleichen suchte. Er war mehrere hunderttausend Millionen Meter lang, eine Entfernung, die etwa von hier bis zum Mond und wieder zurück betrug, während der rastlose Wanderer seine Parabolbahn um die Sonne beschrieb.